„Ich sehe Denk als eine Allroundpersönlichkeit“

Hermann Nitsch im Gespräch mit Carl Aigner, April 2018

 

In welchem Zusammenhang haben Sie und Wolfgang Denk einander kennengelernt?
Über Heinz Cibulka. Er hat in den späten 1970er Jahren in Königsbrunn gewohnt und wir kannten uns über die „Graphische“ in Wien, wo er zusammen mit Schwarzkogler im ersten Jahrgang war, ich selbst im fünften. Wir sind rasch Freunde geworden. Er hatte 1972 am „Tag der offenen Ateliers“ teilgenommen und als ich dort war, war auch Denk gekommen, so lernten wir uns kennen. Denk war damals schon sehr engagiert, es gab verschiedene Berührungspunkte, seine Reisen, der Tiefenpsychologe C. G. Jung, sein Interesse an Prähistorie und den frühen Kultformen.

Von da an gab es dann regelmäßige Kontakte?
Cibulka, zu dem ich sehr viel Kontakt hatte, erzählte mir immer wieder, was Denk alles begonnen hat aufzubauen, bis hin dann zur Kunsthalle Krems und zur Minoritenkirche, wo ich 1994 eine denkwürdige Ausstellung und zwölf Meter hohe Schüttbilder in einer Malaktion machen konnte. Er hat sich als großer, umsichtiger Ausstellungsmacher gezeigt.

Es gab davor 1993 die inzwischen legendäre Ausstellung „Nitsch Schwarzkogler – Verwundungen und Mysterien“ in der Nationalgalerie in Prag, die Denk als Kurator gemeinsam mit Heinz Cibulka machte, der für den Katalog verantwortlich war.
Ja, das war die bis dahin größte Ausstellung meines Lebens; es war in der ehemaligen Reithalle am Hradschin, einer Dependance der Nationalgalerie. Da gab es eine innigste Zusammenarbeit und wir haben uns bestens verstanden. Er war bereit, selbstlos andere Künstler auszustellen und zu fördern. Und das mit einer ausgesprochenen Herzlichkeit bei all der Zusammenarbeit. Er hat dabei oft seine eigene künstlerische Arbeit zurückgestellt.

Es war dies auch Ihre erste Ausstellung in Prag.
Ja, es war gerade der Umbruch. Havel soll gesagt haben: Diese Ausstellung bedeutet, dass wir frei sind!

Es hat ab Anfang der 1990er Jahre eine kontinuierliche Begegnung und einen Austausch gegeben?
Ja, er ist ja selbst Künstler, da gab es vieles, was wir über Jahre besprachen und überlegten.

Die institutionelle Zusammenarbeit war eine wichtige Basis?
Ich erinnere mich an eine Ausstellung, wo auch Cibulka, Rainer und andere dabei waren und Denk mich auch da einbezogen hat, weil er mich sehr schätzte. Ausstellungen und Kataloge waren uns immer ein gemeinsames Anliegen.

Was ist die besondere Wertschätzung gegenüber Denk als Künstlerkollege?
Seine Kenntnisse, sein Gefühl für Kunst, besonders auch für die Musik wie La Monte Young. Er hat mit internationalen Größen zusammengearbeitet, speziell in der Kunsthalle Krems. Er hat wichtige Aufbauarbeit geleistet, ein anderes Niveau in Niederösterreich geschaffen. Ich sehe ihn als eine Allroundpersönlichkeit, sowohl eigenschöpferisch als auch als Kulturbereiter.

Sie haben das letzte Mal institutionell im Zusammenhang mit Ihrem Museum in Mistelbach über mehrere Jahre zusammengearbeitet.
Ich habe darauf bestanden, dass wir mit Denk das Museum machen, dass er der Gründungsdirektor wird. Wir haben alles gemeinsam entwickelt, das Konzept, das Inhaltliche, Landeshauptmann Pröll und Bürgermeister Resch waren unsere Partner und ich habe immer mit Denk versucht, das Bestmögliche zuwege zu bringen. Da hat sich gezeigt, dass immer alles zwischen uns gestimmt hat. Ich kann über Denk nur das Allerbeste sagen.

Wolfgang Denk und Hermann Nitsch beim Verlassen des Nitsch Museums, 2007, Photo: Denk

Wolfgang Denk, Hermann Nitsch in Schloss Prinzendorf, 2005, Photo: Denk